Bericht zum Anlagejahr 2022

Ausblick auf 2023

2022 – Zeitenwende, auch den Börsen

Hatten wir gedacht, dass 2021 mit den Herausforderungen der Pandemie schwierig war, hat uns 2022 eines Besseren belehrt. Das gilt auch für die Finanzmärkte, die sich den Krisen und Krisenfolgen nicht entziehen konnten. Das zurückliegende Jahr war ein Ausnahmejahr: Im Asset Management hatten wir es mit massiv fallenden Aktienmärkten und steigenden Zinsen zu tun, was in einem diversifizierten Portfolio zu Verlusten auf allen Seiten führte: sowohl Aktien, als auch Anleihen mussten rekordhohe Verluste verzeichnen. Auch die Streuung auf die großen Wirtschaftsräume Europa und USA führte nicht zum gewünschten Risikoausgleich. Die zwischenzeitlichen Erholungsphasen entpuppten sich in der Rückbetrachtung jeweils als Strohfeuer.

Die meisten internationalen Aktienmärkte beendeten das Jahr mit einem zweistelligen Minus. Der globale MSCI WORLD Aktienindex (EUR) weist eine Jahresperformance von -12,8% (in USD: -17,9%) aus. Besonders stark litten die amerikanische Technologiebörse NASDAQ (-29,6% in EUR) und der deutsche MDAX (-28,5%). Doch auch der Defensivsektor verliert: Deutsche Bundesanleihen mit 10jähriger Restlaufzeit geben -20,1% nach. 2022 geht als eines der miserabelsten Jahre in die Finanzhistorie ein.

Auf der Gewinnerseite fanden sich lediglich Energie-, Öl- und Rüstungsunternehmen, die wir jedoch gemäß unserer Anlagestrategie als aktive Investments ausgeschlossen haben. Der Renditebeitrag dieser Sektoren liegt 2022 im MSCI World bei 3,3% (gemessen am MSCI WORLD Euro Nachhaltigkeit/SRI Low Carb). Im Gegensatz zu den Jahren davor hat Nachhaltigkeit also 2022 schlechter performt. Wir sind davon überzeugt, dass dieser Sondereffekt nicht von Dauer ist und halten deshalb an unserer ökologisch nachhaltigen Ausrichtung fest.

Beschleunigt durch den Krieg in Europa und die temporäre Explosion der Energiepreise war die Rückkehr der Inflation das beherrschende Thema des Jahres 2022. Während die jährliche Preissteigerungsrate seit der Jahrtausendwende im Schnitt bei 1,8% und zeitweise sogar bei Null lag, ist sie zuletzt zweistellig gewachsen. Das zwang die Notenbanken gegenzusteuern. Zum Jahresende liegt der Leitzins der EZB bei 2,5% und in den USA bei einer Zinsspanne von 4-4,5%. Binnen weniger Monate in diesem Ausnahmejahr haben die Notenbanken einen bemerkenswerten Kurswechsel vollzogen – expansiv war gestern, restriktiv ist heute. Die Zeit des billigen Geldes dürfte nun der Vergangenheit angehören.

2023 – Jahr des Übergangs

Die gute Nachricht ist: die Zuwachsraten der Inflation sollten ihren Höhepunkt überschritten haben. Die Energiepreise sinken bereits und preistreibende Lieferengpässe entspannen sich. Zudem ist der Spielraum für Preisüberwälzungen und Lohnsteigerungen begrenzt. Die Konjunktur hat sich abgekühlt und eine Rezession wird in vielen wichtigen Volkswirtschaften immer wahrscheinlicher. Wir rechnen allerdings damit, dass die wirtschaftliche Abkühlung nur sehr kurz und nicht besonders tief ausfallen wird.

Realverzinsung auf Rekordtief

Eine Folge daraus ist, dass die Zinsen zur Eindämmung der Inflation gestiegen sind und die Rendite von Staatsanleihen wieder über dem durchschnittlichen Niveau der vergangenen 10 Jahre liegt. Doch auch wenn das Renditeniveau bspw. zehnjähriger US-Staatsanleihen wieder bei etwa 4% liegt, bleibt der Realzins, also der Ertrag nach Abzug der Inflationsrate, negativ. Fixed Income Märkte im Investment Grade-Bereich können den Anspruch einer positiven Realverzinsung noch nicht erfüllen. Eine positive Realverzinsung ist aber Voraussetzung für die Vermögenssicherung und -mehrung.

Chancen für einen Neuanfang

Angesichts der nachlassenden Inflationsdynamik und dem erwarteten schwachen globalen Wirtschaftswachstum wäre im Verlauf des 2. Halbjahres 2023 der Weg für die Notenbanken frei, ein Ende der Zinserhöhungen einzuläuten. Mit der richtigen Dosis geldpolitischer Maßnahmen wäre eine „sanfte Landung“ der Konjunktur möglich. Aktienmärkte finden gewöhnlich im Verlauf einer Rezession ihren Tiefpunkt.

Das wirtschaftliche Umfeld erscheint deshalb für die Finanzmärkte in 2023 insgesamt besser als vielfach erwartet. Die Chancen stehen gut, dass die Wirtschaft nach dem Zins-Schock schnell wieder Fahrt aufnimmt. Unterstützend wirkt das weiterhin stabile Umsatz- und Gewinnwachstum von vielen Unternehmen. Allerdings stieg die Vulnerabilität von hochverschuldeten Unternehmen. Deren Entschuldung wird, ähnlich wie bei den Banken nach der Finanzkrise, gewiss noch Jahre dauern.

Deshalb bewähren sich in einem Umfeld wie diesem, in dem Geld nicht mehr zinslos verliehen wird, Unternehmen mit einem stetigen Cashflows, starker Wettbewerbsposition und globaler Positionierung. Aufwärtspotential sehen wir in den Bereichen Cybersicherheit, Pharma/Gesundheit und Finanzen sowie bei Innovationen, die die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel erhöhen. Ein Ende des Zinserhöhungszyklus würde zudem den Druck von Wachstums- und Technologieunternehmen nehmen. Insgesamt sind Aktien nicht mehr übermäßig hoch bewertet, besonders in Europa und den Schwellenländern.

Fazit: Um langfristig die Inflation zu schlagen und das Vermögen zu sichern, ist ein über verschiedene Anlageklassen international diversifiziertes Portfolio weiterhin die beste Lösung. Aktienanlagen spielen auch zukünftig die Schlüsselrolle, denn ihre langfristige Rendite liegt bei durchschnittlich 6-8%. Ausnahmejahre wie 2022 sind unvermeidbar und sollten im größeren Kontext betrachtet werden.

Wir fühlen uns gut gerüstet und blicken zuversichtlich auf 2023, in dem sich neue Chancen für einen nachhaltigen Aufschwung eröffnen.